Der Teu­fel steckt im De­tail

Einwohnerregister von Gemeinden enthalten viele interessante Daten. Mit einer Adressauskunft können Private Daten aus diesen Registern verlangen. Die Regeln erscheinen einfach. Sie sind für die Bevölkerung und die Gemeinden aber nicht immer klar.

Es gibt drei Arten von Auskünften: die voraussetzungslose Adressauskunft, die erweiterte Adressauskunft und die Listenauskunft. Sie sind im Gesetz über das Meldewesen und die Einwohnerregister (MERG) geregelt. Gemeinden und Privatpersonen stellen der Datenschutzbeauftragten jedes Jahr dutzende Fragen zum Thema Adressauskunft.

Unter den Anfragen verstecken sich Knacknüsse. Den Einwohnerinnen und Einwohnern stellt die Datenschutzbeauftragte auf www.datenschutz.ch Vorlagen zur Verfügung, um eine Datensperre zu beantragen.

Interessensabwägungen bei Adressauskünften

Bei der voraussetzungslosen Adressauskunft gibt die Gemeinde Name, Vorname, Adresse sowie Datum von Zu- und Wegzug bekannt. Für die voraussetzungslose Adressauskunft braucht es keine Begründung der Person, die eine Auskunft will. Die Gemeinden müssen eine voraussetzungslose Adressauskunft grundsätzlich erteilen.

Eine Gemeinde fragte die Datenschutzbeauftragte, ob sie eine Adressauskunft verweigern könne, wenn ihr die Anfrage verdächtig erscheine. Die Datenschutzbeauftragte erklärte die Regeln. Auch bei der voraussetzungslosen Adressauskunft müssen die Interessen der beteiligten Personen gegeneinander abgewogen werden. Die Gemeinde kann beispielsweise die Auskunft verweigern, wenn ihr bekannt ist, dass die Person, die eine Adressauskunft will, die betroffene Person bedroht. Ein Verdacht ohne konkrete Hinweise reicht jedoch nicht aus.

Für eine erweiterte Adressauskunft muss die ersuchende Person der Gemeinde ein berechtigtes Interesse an den Daten darlegen. Die erweiterte Adressauskunft umfasst zusätzliche Informationen über Zuzugs- und Wegzugsort, Geburtsdatum, Geschlecht, Zivilstand und Heimatort. Der Auskunft darf kein überwiegendes Interesse entgegenstehen. Die Gemeinde muss diese Abwägung selbst vornehmen.*

Die Adressauskunft als Namensauskunft

Eine Gemeinde wollte von der Datenschutzbeauftragten wissen, ob sie eine Adressauskunft erteilen darf, wenn die gesuchstellende Person den Namen einer Person wissen will, die an einer bestimmten Adresse wohnt. Die Gemeinde erhielt die Anfrage aufgrund eines Streits um einen Parkplatz. Das Gesetz über das Meldewesen und die Einwohnerregister sieht vor, dass die Adressauskunft auch als Namensauskunft genutzt werden kann.

Kommerzielle Interessen bei Listenauskünften

Die Listenauskunft ermöglicht eine Auskunft über eine Gruppe von Personen. Mit der Listenauskunft können Daten über mehrere Personen nach einem bestimmten Gesichtspunkt verlangt werden, beispielsweise die Adressen aller Eltern von Kindern im Primarschulalter. Die Gemeinde darf eine Listenauskunft erteilen, wenn die Daten für ideelle Zwecke verwendet werden, beispielsweise zur Förderung der sportlichen Betätigung von Kindern. Die Person, die Auskunft verlangt, darf die Daten nicht weitergeben.

Privatpersonen fragen die Datenschutzbeauftragte oft, warum es zulässig ist, dass ihnen gemeinnützige Institutionen «Werbung» schicken. Hier erklärt sie, dass die Gemeinde Listenauskünfte für ideelle Zwecke erteilen darf. In einigen Fällen beurteilt die Datenschutzbeauftragte wie die anfragende Person die Sendung als kommerziell. Dann berät sie die betroffenen Personen über ihre Rechte.

Kein Zugang zur Listenauskunft für öffentliche Organe

Eine Gemeinde fragte die Datenschutzbeauftragte, ob sie einer Universität für die Einladung zu einer Studie Adressen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner bekannt geben darf. Die Datenschutzbeauftragte erklärte der Gemeinde, dass die Listenauskunft nur Privaten zur Verfügung steht. Die Universität ist ein öffentliches Organ. Somit darf die Gemeinde der Universität im Rahmen der Listenauskunft keine Adressen bekannt geben. Für die Bekanntgabe bräuchte es eine andere gesetzliche Grundlage.

Highlight icon

Die Universität ist ein öffentliches Organ. Somit darf die Gemeinde der Universität im Rahmen der Listenauskunft keine Adressen bekannt geben.

Möglichkeit der Datensperre wenig bekannt

Einwohnerinnen und Einwohner können der Gemeinde verbieten, Auskünfte zu erteilen. Das Gesetz über die Information und den Datenschutz sieht eine Datensperre vor. Wird eine Datensperre im Einwohnerregister eingerichtet, darf die Gemeinde voraussetzungslos keine Daten zu dieser Person mehr an Private bekannt geben. Die Datenschutzbeauftragte stellt auf ihrer Website einen Musterbrief für die Datensperre im Einwohnerregister zur Verfügung. Dieser Brief ist an die Einwohnerkontrolle der zuständigen Gemeinde zu schicken.

Highlight icon

Die Gemeinde gibt Daten aus dem Einwohnerregister trotz Datensperre bekannt, wenn die Sperre die Person, die Auskunft will, an der Verfolgung eigener Rechte hindern würde.

Die Gemeinde gibt Daten aus dem Einwohnerregister trotz Datensperre bekannt, wenn die Sperre die Person, die Auskunft will, an der Verfolgung eigener Rechte hindern würde. Eine Gemeinde fragte, ob eine Datensperre durchbrochen werden darf, wenn die ehemalige Vermieterin einer neu zugezogenen Person offene Rechnungen eines alten Mietverhältnisses einfordern will. In solchen Fällen nimmt die Datenschutzbeauftragte die Interessensabwägung nicht selbst vor. Dies ist Aufgabe der Gemeinde. Sie erklärt beispielsweise, was unter «Verfolgung eigener Rechte» zur Aufhebung der Datensperre bedeutet. Die Gemeinde muss die Aufhebung der Datensperre der betroffenen Person in einer anfechtbaren Verfügung mitteilen. Sie darf die Daten bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht bekannt geben.

* Korrigendum: Hier stand der Satz «Für die Adressauskunft darf die Gemeinde keine Gebühren verrechnen.» Dieser Satz ist falsch und wurde gelöscht. (September 2023)